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Das Pflanzenschutzmittel-Kartell

Was ist passiert?

Im Frühjahr 2020 hat das  Bundeskartellamt gegen zumindest 8 bedeutende Großhändler von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 157 Mio. Euro wegen Absprachen bei Preislisten, teilweise Rabatte sowie Netto-Netto-Preise für Pflanzenschutzmittel verhängt. 

Mitglieder des Kartells*

Pflanzenschutzmittel-Großhändler mussten ein Bußgeld von insgesamt

EUR 157 Mio. zahlen.

* Abnehmer von Pflanzenschutzmittel können auch dann einen Schadensersatzanspruch gegen die Mitglieder des Kartells haben, wenn sie Pflanzenschutzmittel über den Landhandel oder sonstige Dritte bezogen haben. Die Kartellabsprache hat das allgemeine Preisniveau für Pflanzenschutzmittel angehoben und dadurch die Abnehmer von nachfolgenden Marktstufen und Kartellaußenseitern geschädigt. 

An den Kartellabsprachen war auch Beiselen beteiligt. Ferner sollen Dehner und Agro Schuth an dem Kartell beteiligt gewesen sein. 

Grundlage der Vereinbarung war eine gemeinsame Kalkulation der Großhändler, die zu weitgehend einheitlichen rabattfähigen Bruttopreislisten führte. Einige der betroffenen Großhändler hatten sich auch bei Schlüsselprodukten auf die zu gewährenden Rabattspannen und die Verkaufspreise an die Einzelhändler geeinigt. Die Abstimmung erfolgte sowohl im Rahmen von Einzelgesprächen als auch in Gesprächsrunden aller bundesweit oder regional tätigen genossenschaftlichen und privaten Großhändler. Dieser Austausch endete mit den Hausdurchsuchungen des Bundeskartellamts am 3. März 2015. 

Die von der Entscheidung des Kartellamts betroffenen Unternehmen haben die schuldhafte Kartellrechtsverletzung eingeräumt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich alle Landwirte und landwirtschaftlichen Betriebe, die im Zeitraum vom 2. Juli 1998 bis den 30. Juni 2016 (2015 + ein Jahr Nachwirkungszeitraum) Pflanzenschutzmittel direkt oder über Zwischenhändler von einem der genannten Großhändler bezogen haben, Schadensersatzansprüche geltend machen können. Die Zwischen- bzw. Landhändler waren nicht am Kartell beteiligt und haften nicht für Schäden. Sie gaben die erhöhten Preise an die Endkunden, meist Landwirte, weiter, die widerum den Schaden erlitten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei Kartellen die Vermutung, dass Käufern kartellbetroffener Produkte ein Schaden entstanden ist. Auch für Kunden, die die betroffenen Pflanzenschutzmittel bei Großhändlern gekauft haben, die nicht am Kartell teilgenommen haben, ist ein Schaden nicht ausgeschlossen. Die am Kartell beteiligten Großhändler haften für den Schaden jedes Landwirts als Gesamtschuldner, daher kann der Schaden eines Landwirts auch gegenüber einem Großhändler geltend gemacht werden, von dem dieser Landwirt weder direkt noch indirekt Pflanzenschutzmittel gekauft hat.

Den Fallbericht des Bundeskartellamtes finden Sie hier.

Die Schadenshöhe

Die Höhe des Schadensersatzes errechnet sich aus der Differenz zwischen dem für den Kauf von Pflanzenschutzmitteln gezahlten Preis und dem Preis, der auf einem kartellfreien Markt bezahlt worden wäre. Da selbst Experten diese hypothetischen Tatsachen im Nachhinein nicht exakt feststellen können, muss die Höhe des Schadens aufgrund von Erfahrungssätzen und wettbewerbsökonomischen Berechnungen letztlich geschätzt werden. Auch nach den gesetzlichen Vorgaben, ist das Gericht zur Schätzung des Schadens verpflichtet. Faktoren wie die hohe Marktabdeckung, geringe Nachfragemacht, der hohe Organisationsgrad und die überdurchschnittlich lange Dauer des Kartells unterstützen die Vermutung eines äußerst effektiven Kartells, das in der Lage war, hohe Preisaufschläge über den gesamten Zeitraum durchzusetzen. 

Darüber hinaus sind die Schadensersatzansprüche zu verzinsen. Die Zinsen können einen erheblichen Teil des Schadensersatzanspruchs ausmachen, insbesondere bei weit zurückreichenden Kartellen. Ab dem Zeitpunkt des jeweiligen Kaufs von Pflanzenschutzmitteln werden Zinsen in Höhe von 4 % pro Jahr für Bezüge bis einschließlich Juni 2005 und in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für Bezüge ab Juli 2005 geschuldet. 

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